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Auf Meeresforschungsexpedition für die 17 Ziele

Der Ozean spielt eine wichtige Rolle für das Klima unserer Erde. Wir sind von einem gesunden Ozean abhängig, da er Nahrung, Energie und Handelswege bereit- und ein Kulturgut darstellt. Doch durch den Klimawandel sowie die Verschmutzung und Überfischung des Ozeans steigen die Meerestemperaturen und die Ozeane versauern zunehmend. Die Meeresökosysteme schwinden und ihr Zustand verschlechtert sich. Gleichzeitig ist der Ozean ein wichtiger Verbündeter im Kampf gegen den Klimawandel. Denn der Ozean kann Kohlenstoff (CO2) speichern, er ist eine sogenannte Kohlenstoffsenke. In dieser Funktion ist der Ozean von großer Bedeutung für die Klimawandelforschung.

Studierende untersuchen Sedimentproben © Gitta-Ann von Rönn, Uni Kiel

Um unseren Ozean zu stärken und die Klimawandelforschung voranzutreiben, haben die Vereinten Nationen 2021 die Dekade der Meeresforschung für nachhaltige Entwicklung ins Leben gerufen. Ihr Ziel ist es, einen sauberen, widerstandsfähigen, produktiven, vorhersehbaren, sicheren, zugänglichen und inspirierenden Ozean zu schaffen, um transformative Lösungen für einen nachhaltigen Umgang mit dem Ozean zu finden. Den Meereswissenschaften kommt dabei eine zentrale Rolle zu. Wissenschaftler*innen sollen u.a. politische Handlungsempfehlungen für die Umsetzung der meeresbezogenen Nachhaltigkeitsziele entwickeln, vor allem im Hinblick auf SDG 14 „Leben unter Wasser“ und SDG 13 „Maßnahmen zum Klimaschutz“.

Um mehr darüber zu lernen, welche Auswirkungen die Erwärmung des Ozeans hat oder wie schnell die Versauerung des Ozeans voranschreitet, werden wissenschaftliche Erkenntnisse benötigt. Diese werden u.a. auf Forschungsexpeditionen gewonnen. Deutschland verfügt über eine große Flotte an Forschungsschiffen, mit denen Wissenschaftler*innen regelmäßig zu Forschungsfahrten aufbrechen. Wie sieht der Alltag auf einem deutschen Forschungsschiff aus? Welche Messungen werden dort vorgenommen? Wie hängen diese mit den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung zusammen? Der folgende Blogbeitrag gibt einen Einblick in eine siebenwöchige Expedition mit dem deutschen Forschungsschiff Maria S. Merian in der Labradorsee zwischen Kanada und Grönland.

Leben und arbeiten auf See

Auf einem Forschungsschiff haben Wissenschaftler*innen die Möglichkeit, theoretische Fragestellungen praktisch zu erproben. Das Schiff ist hierzu mit Laboren, Messgeräten und einer Bibliothek ausgestattet. Da die Zeit auf einem Forschungsschiff sehr begrenzt und kostenintensiv ist, wird an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr in sogenannten Wachen gearbeitet. Dabei teilen sich die Wissenschaftler*innen in Schichten auf und arbeiten im Team. An Bord der Maria S. Merian arbeiten zum Beispiel 22 Wissenschaftler*innen und 24 Crewmitglieder. Letztere unterstützen die Forschenden, z.B. beim Fahren von großen technischen und wissenschaftlichen Geräten zur Probeentnahme von Sediment oder Wasser. Außerdem ist die Crew verantwortlich für die Instandhaltung des Schiffes, für die Verpflegung von allen Personen an Bord, für die Erzeugung von Frischwasser und Strom und für die Navigation. Man kann sich das Schiff als kleine fahrende Stadt vorstellen, die vom Ozean umgeben autark lebt und jedem Wetter standhält.

Was uns der Meeresboden über den Klimawandel verrät

Während der siebenwöchigen Expedition der Maria S. Merian stand die detaillierte Kartierung und Beprobung des in weiten Teilen noch unerforschten nordwestatlantischen mittelozeanischen Kanals (kurz NAMOC) im Zentrum der Forschungsfahrt. Der NAMOC ist fast 4.000 Kilometer lang und somit der längste Tiefseekanal der Welt. Dabei folgte das Forschungsschiff dem Tiefseekanal und kartierte mit hochauflösenden seismischen und hydroakustischen Methoden den Meeresboden. An mehreren Positionen wurden Proben, sogenannte Sedimentkerne entnommen. Die gewonnenen Daten sind entscheidend, um die Bedeutung des NAMOCs für den Transport von Sedimenten und Nährstoffen von Land in die Tiefsee in Abhängigkeit der Entwicklung der nordamerikanischen und grönländischen Eisschilde zu verstehen. Dadurch lassen sich Rückschlüsse auf die klimatischen Bedingungen in der Vergangenheit ziehen. Die Analyse der gesammelten Daten, zum Beispiel die Auswertung des Alters und des Kohlenstoffgehalts der Sedimentproben, werden Aufschluss darüber geben, ob der NAMOC eine effektive Kohlenstoffsenke darstellt. Gleichzeitig können Voraussagen getroffen werden, wie sich die heutige globale Erwärmung auf das Kanalsystem des NAMOCs auswirken wird. Somit tragen die Ergebnisse zur Erreichung von SDG 13 und SDG 14 sowie zum Ziel eines vorhersehbaren Ozeans der UN-Ozeandekade bei.

Der Ozean als größte Kohlenstoffsenke

Auch marine Kohlenstoffbeobachtungen tragen zur Erreichung der Nachhaltigkeitsziele bei. Während der Forschungsfahrt wurden an verschiedenen Positionen neun sogenannte Floats ausgesetzt. Diese Floats sind autonome Tauchbojen, die regelmäßig auf- und abtauchen und via Satellit aktuelle Daten über den Sauerstoff- und Salzgehalt sowie die Temperatur des Wassers senden. Diese Daten geben Aufschluss darüber, wie es um die Versauerung des Ozeans und seine Funktion als größte CO2-Senke steht. So können durch CO2-Prozesse sowie Zeitskalen bessere Vorhersagen über die CO2-Aufnahmekapazität des Ozeans getroffen werden. Gleichzeitig sollen die Daten gebündelt und ein langfristiges und internationales Kohlenstoff-Beobachtungssystem etabliert werden. Jeder Mensch soll Zugang zu den Daten erhalten. Die Messungen können also aktiv dazu beitragen, SDG 14 zur Minimierung und Adressierung der Ozeanversauerung zu erreichen (SDG 14.3 und 14.3.1), sowie einen zugänglichen und vorhersehbaren Ozean im Sinne der UN-Ozeandekade zu schaffen.

Das Forschungsschiff Maria S. Merian auf hoher See © Sören Janssen, Reederei Briese

Eine sozialwissenschaftliche Perspektive auf die Meereswissenschaften

Sozialwissenschaftliche Begleitforschung an Bord eines deutschen Forschungsschiffes ist bisher noch sehr selten. Doch gerade für die Umsetzung der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung spielt sie eine essenzielle Rolle, um die primär naturwissenschaftlich erhobenen Daten für alle Menschen zugänglich und verständlich zu machen. Daher hat eine Sozialwissenschaftlerin während der Expedition Interviews mit Wissenschaftler*innen und Crewmitgliedern an Bord geführt und die täglichen Arbeitsroutinen begleitet. Zum einen ist dies wichtig, um das Leben und Arbeiten auf einem Forschungsschiff sichtbar zu machen. Die hohe Arbeitsbelastung, die sich ständig ändernden Wetterverhältnisse, Seekrankheit sowie die räumliche Trennung von Freundeskreis und Familien stellen eine besondere Herausforderung für die Wissensproduktion an Bord dar und beeinflussen diese. Zum anderen kann eine sozialwissenschaftliche Perspektive naturwissenschaftliche Ergebnisse in politische Handlungsempfehlungen übersetzen und für die Zivilgesellschaft verständlich und zugänglich machen. Dies ist auch ein zentrales Ziel der UN-Ozeandekade. Die naturwissenschaftlichen Daten zum Meeresboden und zu marinen Kohlenstoffbeobachtungen tragen zu einem offenen und gleichberechtigten Zugang zu Daten bei. Die sozialwissenschaftlich erhobenen Daten können u.a. als Kommunikations- und Bildungsinstrument dazu beitragen, auf die Bedeutung des Ozeans für die Bevölkerung und für ein Überleben auf der Erde aufmerksam zu machen. So können sie auch zu SDG 13.3 beitragen, das verbesserte Bildung und Sensibilisierung zu Themen des Klimawandels vorsieht.

Die Kooperation zwischen und innerhalb verschiedener Disziplinen auf einer Forschungsexpedition und darüber hinaus ist von großer Bedeutung. Nur so kann Wissen geteilt werden und an Politik und Zivilgesellschaft weitergetragen werden. Nur in Partnerschaft und mit konkreten Maßnahmen (SDG 17) können die 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung und die Pariser Klimaziele erreicht werden.

Was kannst du tun, um unseren Ozean zu schützen?

Folgende „Tu Du’s“ könntest du ausprobieren, um dazu beizutragen, die ozeanbezogenen Ziele für nachhaltige Entwicklung zu unterstützen und damit unseren Ozean zu schützen:

  • Du hast Lust, selbst aktiv in den Meereswissenschaften zu werden? Dann nimm doch am Meereswettbewerb „Forschen auf See“ der Deutschen Meeresstiftung teil! Mit deiner Idee kannst du eine Woche lang an Bord des Forschungsschiffs ALDEBARAN forschen und wirst dabei von eine*r Wissenschaftler*in begleitet.
  • Nehme an einem „Coastal Cleanup Day”, organisiert vom Naturschutzbund Deutschland (NABU), teil. Bei den Gewässerrettern kannst du sogar deine eigene Aufräumaktion starten. Bisher wurden an deutschen Küsten bereits 91.179 kg Müll gesammelt, was in etwa dem Gewicht von 729 Seehunden entspricht.
  • Damit der Müll gar nicht erst in Flüssen, Seen, im Ozean und an den Stränden landet: Achte darauf, deinen Müll zu recyceln und kleine Plastikverpackungen, die du in der Natur liegen siehst, einzupacken und zu entsorgen. Versuche darauf zu achten, keine Produkte zu konsumieren, die Mikroplastik enthalten (z.B. in Zahnpasta, Peelings und Duschgelen). Da fast alle Flüsse ins Meer münden, hat dein Handeln einen direkten Einfluss auf die Gesundheit des Ozeans und schlussendlich auch auf unser Leben.
  • Informiere dich und bilde dich weiter. Hier findest du weitere nützliche Tipps für den Alltag, die gleichzeitig unseren Ozean schützen, zum Beispiel zu den Themen Einkaufen und Wiederverwerten.
  • Doch allein durch deine Taten und neue wissenschaftliche Erkenntnisse können wir den Ozean nicht retten. Es braucht konsequente politische Entscheidungen und effektive Umsetzungen. Fordere daher die Politiker*innen auf, sich für den Meeresschutz einzusetzen, z.B. kannst du einen Brief an deine Abgeordneten schreiben oder Petitionen

Verfasserin

Ramona Hägele, Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Deutschen Institut für Entwicklungspolitik (DIE)

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von German Institute of Development and Sustainability (IDOS)